Unearthly Bd. 2 - Heiliges Feuer by Cynthia Hand

Unearthly Bd. 2 - Heiliges Feuer by Cynthia Hand

Autor:Cynthia Hand
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 978-3-644-47521-2
Herausgeber: Rowohlt Digitalbuch
veröffentlicht: 2012-09-03T04:00:00+00:00


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Nicht essen und nicht trinken

Dann geht auf einmal alles ganz schnell. Mama kündigt ihren Job. Sie verbringt viel Zeit in Decken gewickelt vor dem Fernseher oder hinterm Haus auf der Veranda mit Billy, wo sie dann Stunden über Stunden reden. Sie legt sich tagsüber immer wieder hin. Sie kocht nicht mehr. Das hört sich vielleicht nicht nach einer großen Sache an, aber Mama kocht wirklich leidenschaftlich gern. Nichts erfüllt sie mit mehr häuslichem Stolz, als etwas Wunderbares auf den Tisch zu bringen, auch wenn es etwas eher Einfaches ist wie ihr Lieblingskuchen oder Makkaroni mit fünf verschiedenen Käsesorten. Jetzt schafft sie das nicht mehr, und wir essen immer das Gleiche: morgens Frühstücksflocken, mittags ein Sandwich, abends etwas Tiefgefrorenes. Wir beschweren uns nicht, Jeffrey und ich. Wir sagen nichts, aber ich denke, dass es uns jetzt, da Mama nicht mehr kocht, so richtig zu Bewusstsein gekommen ist: Das ist der Anfang vom Ende.

Dann sagt sie eines Tages, vollkommen aus heiterem Himmel, zu Billy und zu mir: «Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir uns Gedanken darüber machen, was wir den Leuten sagen.»

«Okay», erwidere ich gedehnt. «Worüber sollen wir den Leuten was sagen?»

«Über mich. Ich finde, wir sollten sagen, dass es Krebs ist.»

Verstört halte ich die Luft an. Bis zu diesem Moment hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet, was wir den Leuten sagen würden, wie wir Mamas «Krankheit», wie sie es gern nennt, erklären sollten. Krebs wäre in der Tat eine Erklärung. Die Leute merken allmählich etwas, denke ich. Zum Beispiel, dass sie bei Jeffreys Ringkämpfen nicht mehr aufspringt, um ihn anzufeuern. Oder wie still und blass sie geworden ist. Dass ihr Haar vorn silbergrau geworden ist und sie nun ständig Hüte trägt, um es zu verstecken. Dass sie inzwischen nicht mehr schlank, sondern einfach nur noch dünn ist.

Es scheint so plötzlich gekommen zu sein, aber dann denke ich, dass ich vorher einfach nicht darauf geachtet habe. Ich war so in Anspruch genommen von meinem eigenen Leben, meinem Traum, der Vorstellung, dass es Tucker ist, der sterben muss. Die ganze Zeit ist sie schwächer und schwächer geworden, und ich habe nichts bemerkt.

Eine tolle Tochter bin ich.

«Was für eine Art Krebs?», fragt Billy nachdenklich, als ob es ein völlig normales Thema wäre.

«Irgendwas Unheilbares natürlich», antwortet Mama.

«Also bitte! Könntet ihr bitte aufhören, so darüber zu reden?» Ich ertrage das nicht. «Du hast nicht Krebs, Mama. Wieso müssen wir den Leuten überhaupt irgendwas sagen? Ich will den Menschen nicht noch eine Lüge auftischen.»

Billy und Mama wechseln einen belustigten Blick, den ich nicht verstehe.

«Sie ist ehrlich», bemerkt Billy.

«Übertrieben ehrlich», erwidert Mama. «Das hat sie von ihrem Vater.»

Billy schnaubt verächtlich. «Ach, komm schon, Mags, sie ist haargenau wie du, als du so alt warst.»

Mama verdreht die Augen. Dann wendet sie sich an mich. «Eine logische Erklärung wird allen helfen. So stellen die Leute wenigstens nicht zu viele Fragen. Mein Tod soll schließlich nicht irgendwie mysteriös wirken; das wollen wir ja nun wirklich nicht.»

Ich finde es verrückt, dass sie derart ruhig «mein Tod» sagen kann, so wie «mein Auto» oder «mein Vorschlag fürs Abendessen».



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